OVG Lüneburg kassiert rechtswidrigen Auflagenbescheid der Stadt Wolfsburg
Dauermahnwache gegen Trinity darf wie geplant durchgeführt werden – auf der zukünftigen Baustelle!
Zitate aus dem Beschluss vom 27.9.2022 (Niedersächsisches OVG, 11 ME 284/22, abends zugegangen):
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die teilweise Ablehnung seines Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts hat Erfolg. …
Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit schützt dabei auch das Interesse des Veranstalters, auf einen Beachtungserfolg nach seinen Vorstellungen zu zielen, also gerade auch durch eine möglichst große Nähe zu dem symbolhaltigen Ort. …
Die Antragsgegnerin ist im Beschwerdeverfahren – … – vollständig unterlegen.
Das Tauziehen um die Protestmahnwache gegen das neue VW-Werk nördlich von Warmenau ist beendet – und die Verkehrswende-Aktivist*innen erreichten einen vollständigen Erfolg. Denn nachdem das Verwaltungsgericht Braunschweig am Freitag der Stadt Wolfsburg Rückendeckung gab und etliche krasse Auflagen gegen die Kundgebung „Mahnwache gegen Bau der Trinity“ bestätigte, wurde dieser Beschluss am Dienstagabend vom Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gekippt. Der Antragsteller gewann die Klage in allen Punkten, die Protestler*innen können ihre Mahnwache nun genau wie geplant abhalten. Insbesondere die Ortsverlegung der Mahnwache konnte der Senat des OVG nicht nachvollziehen und stellte ihn mit folgenden Worten als rechtswidrig fest:
Nach den im Internet von der Volkswagen AG zur Verfügung gestellten Informationen (https://www.trinity-werk.info/de, abgerufen am 27.9.2022) sollen die Bauarbeiten für das neue Volkswagen-Werk im Jahr 2023 beginnen. Auf der Webseite der Stadt Wolfsburg heißt es, der Spatenstich sei im II. Quartal 2023 geplant, es sei geplant, den Bau des Trinity-Werks im III. Quartal 2024 abzuschließen, offizieller Produktionsstart des Trinity sei für 2026 geplant, die ersten Vorserien würden in 2025 gebaut (https://www.wolfsburg.de/trinity, abgerufen am 27.9.2022). Soweit das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss angenommen hat, das beabsichtigte Campinglager behindere bzw. verhindere die Errichtung von Zäunen oder anderen Einrichtungen zur Sicherung der Baustelle an dieser Stelle (vgl. insoweit auch die Antragserwiderung vom 23. September 2022, Bl. 72 der Gerichtsakte 5 A 260/22), ergibt sich unter Berücksichtigung des dargestellten Zeitrahmens kein greifbarer Anhaltspunkt für eine unmittelbare Gefahr. Wie ausgeführt, steht zunächst die tatsächliche Veräußerung und die Übergabe der Fläche an die Volkswagen AG an. Diese Schritte stehen gegenwärtig nicht unmittelbar bevor, sondern deren Zeitpunkt ist derzeit noch ungewiss. Es ist weder vorgetragen noch für den Senat sonst ersichtlich, dass vor diesen Schritten und damit in unmittelbarer zeitlicher Nähe mit dem Beginn der vom Antragsteller beabsichtigten Versammlung eine Errichtung von Zäunen oder anderen Einrichtungen zur Sicherung der Baustelle ansteht. Insofern besteht derzeit auch kein Anhaltspunkt für die Annahme, das beabsichtigte Campinglager gefährde unmittelbar die Errichtung von Zäunen oder anderen Einrichtungen zur Sicherung der Baustelle an dieser Stelle. (Niedersächsisches OVG, 11 ME 284/22)
„Es ist bitter, dass es so einen langen Rechtsweg braucht, um in Wolfsburg seine Meinung kundzutun, wenn sie sich gegen das Konzernwohl von Volkswagen richtet. Das zeigt nochmal auf, wie eng die Verflechtungen zwischen Konzern, Stadt und Justiz sind – mit dem Ziel, ein reibungsloses Immer-weiter-so durchzudrücken. Dabei ist gerade in dieser Region und diesem Werk eine soziale und ökologische Transformation bitter notwendig“, kommentierte Sascha, aktiv an der Mahnwache, die obergerichtliche Entscheidung. Es sei nicht das erste Mal, dass Polizei und Stadtverwaltung in Wolfsburg das Grundrecht auf Versammlungen missachten.
Umzug der Mahnwache am Mittwoch mittags
Für Mittwoch kündigten die Verkehrswende-Aktivist*innen den Umzug von der von der Stadt zugewiesenen Fläche auf den Acker auf dem Trinity-Baugelände statt. Die Mahnwache steht dann direkt am Abzweig des vielgenutzten Spazier- und Radwegs „Kampweg“ von der K31 (Straße Warmenau-Brackstedt, nahe Heidkoppel). Dort soll es nach dem Umzug schnell mit weiteren Aktivitäten losgehen, kündigten die Aktivist*innen an und laden alle Interessierten ein: „Morgen Nachmittag soll die Mahnwache dann auf der ursprünglich geplanten Fläche stehen – und wir erklären gern allen Menschen unsere Ziele, gerne auch all denen, die uns kritisch sehen.“ Für das Wochenende und die kommende Woche seien einige Veranstaltungen geplant, z.B. ein Vortrag einer Aktivistin der Umweltgewerkschaft und VW-Beschäftigten über Greenwashing bei VW am kommenden Freitag um 16 Uhr, eine Streitdiskussion mit dem Titel „Sinn und Unsinn von Elektroautos“ und eine ökologische Führung über die geplanten Trinity-Flächen sowie mehrere Workshops in der darauffolgenden Woche, eine Streitdiskussion mit dem Titel „Sinn und Unsinn von Elektroautos“ und eine ökologische Führung über die geplanten Trinity-Flächen (mehr unter: stoptrinity.blackblogs.org/programm).
- Infotelefon der Mahnwache: 0178-4685608
- Der OVG-Beschluss