Versammlungsfreiheit in Gefahr: Oberverwaltungsgericht sieht Demos auf Straßen mit Tempolimits von 60 km/h oder mehr als zu gefährlich an – „Leichtigkeit“ des Autoverkehrs wichtiger als Grundrecht

Mit fadenscheinigen Begründungen hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg am 11.11.2022 dem Demonstrieren auf Autobahnen einen grundsätzlichen Riegel vorgeschoben (Az. 11 ME 330/22). Es steigerte mit seinen Formulierungen die ohnehin schon versammlungsfeindlichen und dem VW-Konzern unterwürfigen Entscheidungen der Stadt Wolfsburg und des Braunschweiger Verwaltungsgerichts. Der Beschluss enthält eine Vielzahl ideologischer Formulierungen pro Auto und lässt sich ohne Weiteres verwenden, um in Zukunft Versammlungen auf allen Straßen zu verbieten – eine Praxis, die in der Autostadt Wolfsburg bereits angewendet wurde.

Hier folgt eine juristische Bewertung des OVG-Beschlusses, der gleich mehrfach die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Versammlungsfreiheit ignoriert, aber durch das Zeitmanagement der Beteiligten in Behörden und Justiz eine Beschwerde vor dem Verfassungsgericht nicht mehr zuließ. Zufall?

Rechtliche Bewertung: Blicke in den OVG-Beschluss

Grundtenor des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts ist, dass dem Autoverkehr generell ein Vorrang vor dem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingeräumt wird. Die Leichtigkeit des Verkehrs (gemeint hier: Autoverkehr) wird gegenüber Grundrechten bevorzugt. Die Formulierungen des OVG gehen dabei über die Beschränkungen für Autobahnen, die keinerlei Spielraum lassen, dass jemals in Niedersachsen eine Demo auf einer Autobahn stattfinden kann, deutlich hinaus und stellen so das Demonstrieren auf Straßen generell in Frage. Das ist an mehreren Stellen zu entnehmen:

  1. Das OVG tut nur so, als wenn es sich an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hält, dass auch Autobahnen als Versammlungsort zulässig sind. Tatsächlich legt es dann das Gegenteil fest.
    Das OVG schreibt zunächst: „Bei Bundesautobahnen stellt sich die Situation allerdings anders dar, da diese an sich nach § 1 Abs. 3 FStrG „nur für den Schnellverkehr mit Kraftfahrzeugen bestimmt“ sind und tatsächlich ganz überwiegend ausschließlich im Rahmen dieses Widmungszwecks genutzt werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich dabei grundsätzlich um versammlungsfreie Räume handelt.“ (Seite 6f des Beschlusses)
    Dann aber führt es aus: „Auch wenn jeder Versammlung eine Verkehrsbeeinträchtigung immanent ist und auch Bundesautobahnen – wie oben unter 1. ausgeführt – nicht von vornherein der Nutzung zum Zwecke einer Versammlung entzogen sind, lassen sich Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, aber auch für Leib und Leben anderer Verkehrsteilnehmer sowie der Versammlungsteilnehmer selbst kaum bestreiten.“ (S. 12) Damit begründet das OVG sein Verbot zwar nur der konkreten Versammlung am 13.11.2022, aber da die Formulierungen zeit- und ortsunabhängig sind, erlässt es damit faktisch ein Totalverbot mindestens für alle Autobahnen.
  2. Ein Ausweichen auf verkehrsarme Zeiten hilft nicht.
    Das Verbot der Raddemo am 13.11.2022 ist mit Zahlen der Polizei begründet worden. Diese enthalten ausschließlich die durchschnittlichen Verkehrsmengen, wie sie auf der A39 zwischen Braunschweig und Wolfsburg vorkommen. Diese werden vor allem durch das VW-Werk erzeugt, in dem 70000 Personen arbeiten – plus erhebliche Zuliefer- und Begleitindustrie in den Gewerbegebieten der unmittelbaren Umgebung. VW und viele andere arbeiten sonntags nicht. Das Verbot der Raddemo betraf aber einen Sonntag. Das OVG hat diese Nutzung der falschen Zahlen explizit als korrekt bezeichnet: „Die Antragsgegnerin habe zu Recht auf der Grundlage der Gefahrenprognose der Polizei entschieden“. (S. 9)
  3. Die für eine Autobahndemo behaupteten Gefahren würden für alle Straßen gelten. Der OVG-Beschluss kann daher als Grundlage dienen, künftig Demonstrationen auf allen Autostraßen zu verbieten. Das OVG vertritt die Auffassung, dass „gerade am Ende des Demonstrationszugs bzw. einem sich dahinter ggf. bereits gebildetem Stau – erhebliche Unfallgefahren begründet würden.“ (S. 12) Ein Stau bildet sich hinter jeder Versammlung, die eine Straße nutzt, auf der sonst Autos fahren.
    Das Gleiche gilt für die Gegenfahrbahn. OVG: „Unfallgefahren entstehen zudem dadurch, dass Verkehrsteilnehmer durch die zahlreichen Radfahrer, mit denen auf einer Autobahn grundsätzlich nicht zu rechnen ist, abgelenkt werden.“ (S. 12) Jenseits dessen, dass das Gericht hier Fehlverhalten der Autofahrenden zur Grundlage macht und allgemein annimmt, dass sich Autofahrende gefährlich verhalten (können), dann aber nicht das Autofahren, sondern das Radfahren verbietet, ist auch hier festzustellen, dass Fahrraddemos auch auf anderen Straßen ungewöhnlich sind. Da dort die bauliche Trennung und Sichtabschirmung der Gegenfahrbahn fehlt, lässt sich aus dem OVG-Beschluss wiederum ableiten, dass das Gericht Straßen für Versammlungsort generell nicht als geeignet ansieht.
  4. Die vom OVG als zu hoch angesehene Verkehrsmenge wird auf vielen Bundes- und Landesstraßen erreicht. Danach seien auf dem stärker befahrenen Abschnitt (südlich A2-Kreuz) „an Sonntagen bei ansonsten gleichen Parametern 17.834 Fahrzeuge gezählt worden“. (S. 14) Im Streckenabschnitt nördlich der A2 dürfte diese Zahl auch nach Ansicht des Gerichts viel geringer sein – und trotzdem das Verbot weiterhin rechtfertigen. Solche Verkehrsmengen werden auf vielen Bundes- und Landesstraßen, fast immer zudem auf großen innerörtlichen Straßen erreicht, so dass der OVG-Beschluss in Zukunft ebenfalls für Verbote auf solchen Straßen herhalten kann.
  5. Damit ist aber auch belegt, dass die behauptete Staubildung frei erfunden ist. Denn die genannten Verkehrsmengen sind für stark befahrene, einspurige Strecken üblich. Eine Umleitung des auf der Autobahn zu erwartenden Verkehrs über andere Straßen wäre also ohne Bildung eines Staus möglich gewesen. Die vom OVG vorgetragene Zahl belegt geradezu, dass die Staubildung eine vorgeschobene Gefahr ist, die gar nicht eintreten würde.
    Das OVG geht aber weiter. Es geht sogar davon aus, dass die rechtzeitige Vorankündigung der Sperrung der A39 die Verkehrszahlen noch weiter reduzieren würde: „Aber selbst wenn man davon ausginge, dass ein gewisser Anteil der Verkehrsteilnehmer zuvor über die lokalen Medien von der geplanten Versammlung und der ggf. geplanten Autobahnsperrung informiert werden könnte, kann die beschriebene Unfallgefahr dadurch nicht verlässlich ausgeschlossen werden.“ (S. 15f) Ein Verbot ist also aus Sicht des OVG selbst dann begründet, wenn die Verkehrszahlen deutlich unter denen liegen, die auf vielen, auch einspurigen Bundes- und Landesstraßen üblich sind.
  6. Ab welcher Zahl der von einer Demo betroffenen Autos es geht, macht das OVG dann im Weiteren deutlich: „Zum anderen kann sich die beschriebene Unfallgefahr bereits dann realisieren, wenn nur ein Verkehrsteilnehmer – mit oder ohne entsprechende Vorwarnung – im entscheidenden Moment, also dem „Auffahren“ auf das Ende der Fahrraddemonstration bzw. den Stau – nicht ausreichend aufmerksam ist.“ (S. 16) Das ist Klartext: Ab zu erwartenden zwei Fahrzeugen, die durch eine Versammlung zum Abbremsen oder Anhalten gezwungen werden, ist die Versammlung nicht mehr zulässig und niederrangig gegenüber dem Autoverkehr. Einige Absätze weiter geht das OVG noch einen Schritt weiter. Laut Beschluss „kann sich die beschriebene Unfallgefahr, wie ausgeführt, bereits dann realisieren, wenn nur ein Verkehrsteilnehmer – sei es mit ‚durchschnittlichen‘ oder mit über- bzw. unterdurchschnittlichen Fähigkeiten – im entscheidenden Moment nicht ausreichend aufmerksam ist.“ Damit ließe sich jede Versammlung in Zukunft verbieten.
    Eine weitere Passage bestätigt, dass das OVG Versammlungsverbote auch auf Bundes- und Landesstraßen offenbar tatsächlich für sinnvoll hält: „Der Senat folgt zudem auch der Einschätzung der Antragsgegnerin, dass der betroffene Autobahnabschnitt insbesondere am Wochenende die Verbindungsachse für den Individualverkehr von der BAB 7 aus Richtung Kassel über das Autobahndreieck Salzgitter in Richtung Norden bis zu den BAB 39 (Lüneburg – Hamburg) und 14 (Ludwigslust – Wismar – Ostseeraum) darstellt.“ (S. 15) Die beschriebene Verkehrsachse führt nicht nur über Autobahnen, sondern auch über Bundesstraßen. Wenn, wie das OVG hier ausführt, der Urlaubsverkehr per Auto wichtiger ist als das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, müsste das Versammlungsverbot auch für Bundesstraßen gelten und könnte von den Versammlungsbehörden in Zukunft für diesen Zweck herangezogen werden.
  7. Im Weiteren macht das OVG deutlich, dass es aus ideologischen Gründen dem Autoverkehr den Vorzug gibt. „Weitere maßgebliche und sowohl von der Polizeiinspektion als auch dem Verwaltungsgericht zu Recht angeführte Gesichtspunkte bleiben auch unabhängig von der Frage, mit welchem konkreten Verkehrsaufkommen im Zeitpunkt der Versammlung zu rechnen ist, unberührt. So ist in diesem Zusammenhang vorliegend ebenfalls von Bedeutung, dass es sich bei dem hier betroffenen Autobahnabschnitt der BAB 39 um einen an die zentrale europäische Verkehrsachse der BAB 2 angeschlossenen Abschnitt von regionaler und überregionaler Bedeutung handelt.“ (S. 14f) Jetzt ist gar nicht mehr von Gefahren oder anderen zulässigen Gründen für Versammlungsverbote die Rede, sondern es reicht die schlichte Wichtigkeit des ungestörten Autoverkehrs. Das aber ist eine rein politisch-ideologische Begründung, nämlich dass es ein internationales, leistungsfähiges Autobahnnetz geben muss, welches zu garantieren ist. Die Versammlungsfreiheit haben gegenüber dem Recht auf internationale freie und schnelle Fahrt zurückzutreten.
  8. Wie ideologisch das OVG tickt, zeigt ein weiterer Satz, in dem die Richter*innen sich selbst zu den besseren Demonstrant*innen aufschwingen und ihre Auflagen als Wohltat für die Raddemo bezeichnen: „Zudem kann der Versammlungszweck auch auf der verfügten Alternativroute bereits ganz maßgeblich dadurch erreicht werden, dass sich die Versammlungsteilnehmer mit Fahrrädern auf Land- und Bundesstraßen fortbewegen und damit den Fokus auf ein alternatives, umweltfreundliches und auf Autobahnen und Bundesstraßen üblicherweise nicht anzutreffendes Fortbewegungsmittel richten.“ Die Unverschämtheit, oberlehrerhaft die bessere Demoleitung zu mimen, ist hier erneut gepaart mit dem Verweis nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf Bundesstraßen. Dieses Gericht will das Versammlungsrecht einschränken und den Autoverkehr höher stellen als ein Grundrecht.
  9. Laut OVG-Beschluss steigert ein Tempolimit das Unfallrisiko. Zudem, glaubt das OVG „handelt es sich bei einer Geschwindigkeit von 60 km/h um eine für Autobahnen sehr unübliche Geschwindigkeit.“ (S. 16) Mit welchem Tempo die Richter*innen durch Baustellen auf Autobahnen rasen, ist unbekannt. Dort aber ist 60 km/h durchaus häufig. Zudem ist auch hier wieder gut zu sehen, dass ein Grundrecht eingeschränkt wird, um Fehlverhalten von Autofahrenden zu kompensieren. Laut OVG würde „allein durch den Vorgang der (starken) Geschwindigkeitsreduzierung und die dadurch unweigerlich ausgelösten Bremsmanöver eine zusätzliche, erhöhte Unfallgefahr geschaffen“. (S. 16) Ein schlechteres Zeugnis über die Fahrfähigkeit von Autofahrenden lässt sich kaum ausstellen. Ausbaden müssen es andere.
  10. Dass in anderen Bundesländern und am 10.4.2022 in Braunschweig solche Raddemos schon häufiger stattgefunden haben, wischt das OVG mit dem Argument zur Seite, dass die Lage auf einer Autobahn mit der auf anderen Autobahnen grundsätzlich nicht vergleichbar sei (ohne zu begründen, warum sie das meinen): „Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang pauschal anführt, dass die vom Verwaltungsgericht in Bezug auf die Gegenfahrbahn angenommene Gefahrenlage „durch eine Vielzahl von Raddemos auf Autobahnen in anderen Bundesländern, in denen diese regelmäßig stattfinden dürfen“, widerlegt sei und dabei von einem „unangemessenen Misstrauen in die Fähigkeit durchschnittlicher Autofahrer ausgegangen“ werde, verkennt er zunächst, dass die Frage, ob eine Demonstration mit Fahrrädern auf einer Autobahn durchgeführt werden darf – wie oben im Einzelnen dargelegt –, stets von den konkreten Umständen eines jeden Einzelfalls abhängt. Insofern lässt eine irgendwann irgendwo in einem anderen Bundesland durchgeführte Versammlung keinen Rückschluss darauf zu, ob die in der streitgegenständlichen Ziffer 4 des Bescheids des Antragsgegners verfügte Routenänderung einer rechtlichen Überprüfung im hier vorliegenden Eilverfahren standhält.“
  11. Selbst die absurde Behauptung, auf einer gesperrten (und damit überwiegend leeren) Autobahn würden Rettungswagen behindert, hält das OVG aufrecht, ohne zu erklären, wieso eine leere Autobahn problematischer ist als eine voller Autos. (S. 17)
  12. Abschließend „geht der Senat davon aus, dass das von dem Antragsteller verfolgte Anliegen in ähnlich öffentlichkeitswirksamer Weise auch auf der verfügten Alternativroute verfolgt werden kann.“ Eine Raddemo über einsame Landstraßen teilweise weit entfernt von der A39 sei also vergleichbar mit dem Fahren auf der A39. Es fällt schwer, hier überhaupt noch eine Entgegnung zu formulieren. Der OVG-Beschluss verliert im Verlauf des Textes immer mehr an Rationalität und mutiert zu einem ideologischen Kampfpapier pro Auto.
    Dass die Alternativstrecke zudem viel länger ist und der Start um eine Stunde verschoben werden muss, zeigt ebenfalls, dass es darum ging, die Demo zu zerstören. Die deutlich längere Strecke führt dazu, dass die Raddemo im Dunkeln in Wolfsburg ankommen würde. Auch das ist eine deutliche Veränderung der Außenwirkung.
  13. Zu den ebenfalls in der Klage des Versammlungsanmelders angegriffenen drei Auflagen unter Punkt 6. definiert das OVG den Inhalt der Auflagen einfach um, um dann die Beschwerde abzuweisen mit dem Hinweis, dass die Auflagen ja etwas ganz anderes meinen. Tatsächlich gibt das OVG damit zwar dem Demoanmelder recht, schafft es mit diesem Trick der Umdeutung aber, auch hier die Beschwerde ablehnen zu können. Das ist zwar für die Versammlung nicht relevant, zeigt aber, dass das OVG mit Kreativität nach Lösungen gesucht hat, dem Versammlungsanmelder zu schaden. Durch den Trick muss er nämlich jetzt für die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufkommen.

Insgesamt bietet das Oberverwaltungsgericht mit dieser Rechtsprechung ein erschreckendes Beispiel politischer Justiz. Die Formulierungen im Beschluss verstecken die ideologischen Ziele teilweise gar nicht mehr. Je länger der Text dauert, desto weniger geben die Richter*innen sich Mühe, dass ihre Ausführungen überhaupt noch juristisch klingen.

Ein Hintergrund dürfte auch die übliche Strategie von Behörden und Justiz sein, den Umgang mit der Anmeldung so zu gestalten, dass der OVG-Beschluss am späten Abend des letzten Werktages vor der Demo erfolgte. Den Richter*innen wird klar sein, dass ihre rechtlich völlig unhaltbaren Ausführungen vor dem Bundesverfassungsgericht kaum Bestand haben würden. Daher verhinderten sie mit ihrer Strategie die verfassungsrechtliche Überprüfung. Das aber macht noch klarer, dass das Autoland Niedersachsen hinsichtlich des Versammlungsrechts eine sehr problematische Grundhaltung einnimmt.

Es sei darauf hingewiesen, dass die Versammlungsbehörde und die Polizei in Wolfsburg im Jahr 2020 ganz offiziell bei der gewaltsamen Auflösung einer Versammlung auf der Rothenfelder Straße und auch später in einem Kooperationsgespräch für eine andere Versammlung jeweils die Auffassung offen vertrat, dass der für Autos vorgesehene Straßenraum prinzipiell nicht von Demos genutzt werden dürfe. Diese hätten ausschließlich auf Fußwegen stattzufinden. Daraus ist zu sehen, dass es bereits ein politisches Interesse daran gibt, den Autoverkehr generell höher zu bewerten als das Grundrecht auf Versammlung. Das OVG-Urteil wird solchen Vorhaben den Rücken stärken und eine rechtliche Grundlage bieten, die erst durch einen – hoffentlich bald zu erreichenden – Beschluss eines noch höheren Gerichts, hier des Bundesverfassungsgerichts, zu ändern wäre.

Kommentar:
Demos verbieten, unangemeldete Straßenblockaden hart bestrafen

Seit Wochen prägt die Auseinandersetzung um unangemeldete Demonstrationen auf Autobahnen oder ihren Zubringern die politische Debatte. Ob angeklebt oder nur als menschliche Mauer, auf Schilderbrücken oder an ihnen hängend – etliche Medien, Lobbyverbände und Politiker*innen hetzen in einer abenteuerlichen Weise gegen die Aktiven, die sich um die Klimaerwärmung, Verkehrstote, Umweltzerstörung und weitere Ausbeutung von Mensch und Natur sorgen. Die Bundesinnenministerin fordert harte Strafen, die Gewerkschaft der Polizei will die Klimaschützer*innen verbieten lassen und der hessische Justizminister, immerhin Teil einer Regierung mit grüner Beteiligung, will Autobahnblockierer*innen als Terroristen verfolgen. In Bayern landen Wissenschaftler*innen nach einer Anklebeaktion für inzwischen mehr als einen Monat in Haft – und ein ehemaliger Bundesverkehrsminister aus dem gleichen Bundesland betitelte die Aktivistis als „Klima-RAF“. Dabei sind die, die sich da aufregen, selbst die Verursacher der Missstände, die zu solchen Aktionen führen: Ihre Politik hat Klima und Umwelt geschädigt und schädigt sie weiter. Förderung von Autokäufen und weiterer Straßenbau führen zu Verkehrstoten, Luftverschmutzung und Flächenversiegelung. Zudem verursachen Regierungen, Behörden und Justiz mit ihren rechtswidrigen Versammlungsverboten und -einschränkungen ja selbst, dass Menschen entscheiden, ohne vorherige Anmeldung für den Schutz von Mensch und Natur einzutreten. Allzu offensichtlich ist, dass Politik und Justiz einschüchtern wollen, um Konzerninteressen zu bedienen und im Weiter-so zu verharren.